4. Verheerungen im Namen des Herrn

4. Der Gott mit vier Köpfen und die ersten Klöster

Die slawischen Stammväter der mecklenburgischen und pommerschen Fürstenhäuser
Die ständigen Heereszüge lassen das Land ausbluten. 1160 zwingen der Sachsenherzog Heinrich der Löwe und der Dänenkönig Waldemar der Große die Slawen in die Knie. Fürst Niklot von Mecklenburg stirbt in der Schlacht, noch im selben Jahr gründet Heinrich der Löwe Schwerin als älteste Stadt Mecklenburgs nach deutschem Recht. Niklots Sohn Pribislaw tritt zum Christentum über und erhält das Land seines Vaters als Lehen zurück. Das mecklenburgische Fürstenhaus der Niklotiden und das pommersche Herzoghaus der Greifen sind die einzigen großen Dynastien in Deutschland, die auf slawische Stammväter zurückgehen.

Der Tempelsturz
Arkona auf Rügen, im Jahr 1168: Nachdem Waldemar der Große, König der Dänen, und Absalon, Bischof von Roskilde, die reiche Tempelburg der Slawen eingenommen haben, lassen sie das Götzenbild vernichten, das an Größe jede menschliche Gestalt überragt. Svantevit heißt der slawische Gott mit den vier Köpfen. Die Vorhänge des Tempelinneren werden herabgerissen, die Holzstatue des Gottes wird mit einem Beil gefällt und stürzt mit lautem Krachen zu Boden. Der Wind und das Meer tun das Übrige: Die bedeutende Tempelburg hoch über der Steilküste Rügens wird von den Naturkräften geschleift und abgetragen. Vom reichen Schatz des mächtigen Gottes Svantevit bleibt allein ein Bildstein, der einen Priester mit Schnurrbart und Trinkhorn zeigt. Eingemauert in die Chorwand des ersten christlichen Gotteshauses in Altenkirchen auf Rügen überdauert er die Jahrhunderte.

Für die christlichen Heerführer ist die Religion wohl nur Mittel zum Zweck, die Länder auszuplündern und Tribute zu kassieren. Scharenweise werden die wenigen überlebenden Slawen in Tümpel getrieben, um sie zu taufen. Es gibt heute noch Seen, die „Döpe“ heißen, „Taufe“.

Die ersten Klöster
In Stolpe an der Peene gründen Benediktiner das älteste Kloster in Pommern. In Althof bei Doberan und in Dargun, später in Eldena an der Ryckmündung siedeln sich Zisterzienser aus Dänemark und dem Weserbergland an. Ein Reformorden, der zu den ursprünglichen Idealen der Mönche zurückkehren will: ein Leben von der eigenen Hände Arbeit, zurückgezogen und asketisch. Sie helfen dabei, die dichten Buchenwälder zu roden und das unwirtliche Land der Sümpfe und Seen in fruchtbares Ackerland zu verwandeln. Die Mönche und Nonnen züchten Fische und Pferde, bauen Obst und Getreide an.

„Keines unserer Klöster ist in Städten, Kastellen oder Dörfern zu errichten, sondern an entlegenen Orten, fern vom Verkehr der Menschen.“ So bestimmt es die Ordensregel der Zisterzienser. Und der Fürst von Mecklenburg verfügt: Dort, wo er bei der Jagd den ersten Hirsch erlegen werde, solle ein Kloster gebaut werden. Das Jagdglück ereilt ihn ausgerechnet im Sumpf – kein guter Bauplatz für ein mächtiges Gotteshaus. Doch ein Schwan fliegt übers Gelände und trompetet „Dobr, dobr“ – was bei den Slawen „gut, gut“ bedeutet. An dieser Stelle errichten die Mönche das Kloster Doberan.

© Corinna Hesse, Silberfuchs-Verlag, Tüschow/MV 2014, Nachdruck nur mit Genehmigung der Verfasserin,
Kontakt: corinna.hesse@silberfuchs-verlag.de

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Illustration: Bettina Schulz